Gemeinsame Pressemitteilung der Münsterlandkreise und der Stadt Münster
Münsterland. Allein in diesem Jahr sind bereits rund 16.500 Flüchtlinge den Münsterlandkreisen und der Stadt Münster zugewiesen worden. Im letzten Jahr waren es 4.100. Das wird viele Bereiche des Lebens beeinflussen und das Münsterland vor eine große Herausforderung stellen. Rund 10 Millionen Euro müssen im nächsten Jahr zusätzlich für die Unterkunftskosten der SGB II-Empfänger aufgebracht werden, weil jede weitere Bedarfsgemeinschaft Kosten von rund 4.000 Euro verursacht. Die andauernde Abschiebeproblematik, die komplexe Aufgabe der Integration der Flüchtlinge und eine mögliche Gefährdung der Sicherheit erschweren die Situation in den Kreisen und der Stadt Münster. Die vier Landräte und der Oberbürgermeister haben deshalb jetzt Forderungen an Land und Bund gestellt, um der Problemlage entgegenzuwirken.
Die wichtigsten Forderungen: Eine deutliche Aufstockung der Kapazitäten für die Erstaufnahme, endlich zusätzliche Lehrkräfte und Finanzhilfen für den Kita-Ausbau und Betrieb, ein vollständiger Ausgleich der flüchtlingsbedingten Mehrkosten und damit auch eine Erhöhung der Kostenbeteiligungsquote des Bundes, die Schaffung zentralisierter medizinischer Begutachtungsstrukturen, die Beseitigung zusätzlicher Hemmnisse beim Vollzug von Rückführungen und das Zurücknehmen von abschiebehinderlichen Erlassen der Lan-desregierung. Zudem ist eine Registrierung der Flüchtlinge zwin-gend durchzuführen. Das verhindert das unerkannte Verschwinden aus den Unterkünften und wirkt einer Gefährdung der Sicherheitslage entgegen.
Die Forderungen verdeutlichen, vor welchen immensen Aufgaben und Problemen die Kommunen stehen. Die kommunale Familie wird durch den massenhaften Zustrom an ihre Grenzen gebracht. Die Landräte und der Oberbürgermeister nehmen Bund und Land in die Pflicht, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Kommunen bei den Aufgaben und Problemen beizustehen. Vor allem eine zügige Verabschiedung und anschließende Umsetzung des sogenannten Asylpaketes II ist unabdingbar.
„Die Situation in den Kreisen, Städten und Gemeinden des Münsterlandes ist mehr als angespannt.
Ohne eine Unterstützung von Bund und Land sehen wir eine deutliche Beeinträchtigung in vielen Bereichen des Lebens“, warnen die Landräte Dr. Olaf Gericke, Kreis Warendorf, Dr. Christian Schulze Pellengahr, Kreis Coesfeld, Dr. Klaus Effing, Kreis Steinfurt, Dr. Kai Zwicker, Kreis Borken, und Oberbürgermeister Markus Lewe, Stadt Münster. Sie fordern, endlich einzulenken und das Münsterland in allen Bereichen zur Bewältigung der Flüchtlingsproblematik zu stärken. Andernfalls habe man große Bedenken, insbesondere das komplexe Thema der Integration richtig angehen zu können und die Flüchtlinge, die bleiben, adäquat unterstützen zu können.
Hatte die Bundesregierung Mitte des Jahres noch verkündet, dass bis zu 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden, so musste diese Zahl bereits mehrfach nach oben korrigiert werden. Bereits jetzt sind 1,1 Millionen registrierte Flüchtlinge in Deutschland angekommen. Hinzu kommt eine nicht zu beziffernde Zahl unregistrierter Flüchtlinge. Die Münsterlandkreise und die Stadt Münster sind von dem Zustrom erheblich betroffen.
Die Forderungen der Münsterland-Landrätekonferenz im Detail:
1. Unterbringung und Versorgung in NRW
Forderungen an das Land:
– Weitere deutliche Aufstockung der Kapazitäten des Landes für die Erstaufnahme (dies ist Landeszuständigkeit!). Noch immer wird die Unterbringung der „Landesflüchtlinge“ auf die kommunale Familie verlagert.
– Entwicklung eines Gutscheinsystems des Landes für die Leistungsgewährung aller Flüchtlinge in Landeseinrichtungen (Sachleistung statt Taschengeld).
– Unterbringung von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern über den maximal möglichen Zeitraum von sechs Monaten in den Landeseinrichtungen bis zum Abschluss des Asylverfahrens (keine Zuweisung an die Gemeinden).
Forderung an Bund und Land:
– Weitergehende Bereitstellung von Immobilien des Bundes und des Landes NRW.
2. Integration von schutzbedürftigen Asylbewerbern
Forderungen an Bund und Land:
– Vorrangig ist der Erwerb sprachlicher, schulischer und beruflicher Kompetenzen, ein möglichst dezentrales Wohnungsangebot sowie eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt. Demnach erforderlich:
– Zusätzliche Lehrkräfte, Finanzhilfen für den Kita- Ausbau und Betrieb.
– Schaffung / Förderung angemessenen Dauer-Wohnraums durch sozialen Wohnungsbau für alle Flüchtlinge mit Bleibe-perspektive.
– Zusätzliche Finanzmittel für Sprachkurse und arbeitsmarktnahe Integrations- und Eingliederungsleistungen sowie für das dafür zusätzliche Personal in Arbeitsagenturen und Jobcentern.
Forderungen an die Flüchtlinge mit Bleiberecht:
– Ankommenskultur ist verbindlich einzufordern, z.B. durch eine Integrationserklärung / Unterzeichnung einer Integrationsvereinbarung. Dazu gehören: Anerkennung des Grundgesetzes, der freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie der demokratischen Staatsordnung, die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit, der Vorrang der staatlichen Ordnung vor religiösen oder weltanschaulichen Regeln, die Gleichstellung von Frau und Mann oder der Minderheitenschutz.
3. Vollfinanzierung durch Bund und Land: „Schwarze Null für die Kommunen“
Forderungen an Bund und Land:
– Vollständiger Ausgleich der den Kreisen und Städten entstehenden flüchtlingsbedingten Mehrkosten. Die Länder müssen den Kreisen und den Städten die Erstattung aller Kosten für die Unterbringung, Gesundheitsversorgung und soziale Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen verbindlich zusichern.
Wichtigste Forderung:
– Zusatzkosten allein für den SGB II-Bereich (Kosten der Unterkunft KdU) auf der Basis der Zahlen des Münsterlandes: zusätzlich rund 10 Mio. Euro flüchtlingsbedingte Mehrkosten für das Münsterland. Für eine vollumfängliche Kostenerstat-tung ist eine Erhöhung der Kostenbeteiligungsquote des Bundes von 26,4 Prozent auf mindestens 39,6 Prozent erforderlich!
4. Rückführung ausreiseverpflichteter Personen
Forderungen an Bund und Land:
Ziel: Konsequente Rückführung der Ausländer ohne Bleibeperspektive zwingend.
– Vorrangig: Freiwillige Rückkehr vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer (Ausbau der Rückkehrförderprogramme beim Land) durch den Aufbau eines umfassenden Rückführungsmanagements in enger Zusammenarbeit von Land und Bund mit den kommunalen Ausländerbehörden:
– Unterstützung von Land und Bund bei der Rückführung, z.B. über die zentrale Bereitstellung von Flugkapazitäten, entwe-der in Sammelchartern durch das Land NRW oder auch über die Bundeswehr.
Zentrale Forderung:
– Schaffung zentralisierter medizinischer Begutachtungsstrukturen – z.B. auf der Ebene der Bezirksregierungen. Um der Problematik der attestierten Reiseunfähigkeit entgegenzuwirken ist es erforderlich, dass den Ausländerbehörden Ärzte zur Durchführung von entsprechenden Untersuchungen zur Verfügung gestellt werden.
– Nur eine unangekündigte Abschiebung kann das Untertau-chen von Ausreispflichtigen verhindern.
Schließlich:
– Beseitigung zusätzlicher Hemmnisse beim Vollzug von Rückführungen.
– Landesregierung muss abschiebehinderliche Erlasse zurücknehmen, so z.B. die Aufhebung des „Doppelüberprüfungserlasses“ des Landes NRW vom Dezember 2014. Nachdem durch das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Asylantrages rechtskräftig festgestellt worden ist, fordert das Land eine erneute Einzelfallprüfung vor der Abschiebung nach Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien und vor der Abschiebung in den Kosovo.
5. Sicherheit
Forderungen an Land:
– Die Registrierung der Flüchtlinge muss zwingend erfolgen. Das unerkannte Verschwinden von Flüchtlingen aus den Unterkünften muss verhindert werden, um die Sicherheitslage in Deutschland nicht zu gefährden. Der Staat muss wissen, welche Menschen sich in seinem Gebiet aufhalten. Nach wie vor geht jede Woche auch im Münsterland ein erheblicher Teil an Flüchtlingen auf den Weg in die Notunterkünfte unregistriert verloren. Sofern sie nicht in Drittländer weiterreisen, besteht die Gefahr eines Abrutschens in die Illegalität und Kriminalität.
Dieser Artikel Flüchtlingspolitik: Gemeinsame Forderungen an Bund und Land wurde erstmalig veröffentlicht auf Heimatreport.