Erler Geschichtsstation erinnert an erschossene Spartakisten
Erle. Die neuste Geschichtsstation an der Rhader Straße erinnert an die an dieser Stelle im Jahre 1920 von rechtsgerichteten Freikorpssoldaten erschossenen fünf Angehörigen der roten Armee, die im Volksmund Spartakisten genannt wurden. Sie ist somit auch eine Gedenktafel für die Opfer eines Bürgerkrieges.
Der Hintergrund
Arbeitermilizen hatten sich im Ruhrgebiet gegen den rechtsgerichteten Militärputsch in Berlin (Kapp-Lüttwitz-Putsch) erhoben, um die Weimarer Republik zu verteidigen, während die Reichswehr sich weigerte, gegen ihre putschenden Kameraden vorzugehen. Rotarmisten waren am 24. März bis Raesfeld vorgedrungen, wo es gegen militärisch weit überlegene Freikorpssoldaten zu heftigen Kämpfen kam, bei denen über 50 Rotarmisten, aber nur ein Soldat fielen. Die nach Süden flüchtenden Rotarmisten versteckten sich in einem Kanalrohr unter der Rhader Straße. Sie wurden entdeckt, hervorgezerrt und durch Kopfschuss sofort ermordet. Die Soldaten des Freikorps Marinebrigade Löwenfeld waren für ihre Grausamkeit berüchtigt, sie machten keine Gefangenen. Die toten Spartakisten wurden von einem Erler Bauern 600 m nordwestlich an der Wegkreuzung Lechtenbrink/Osterlandwehr begraben.
Auf der Tafel ist ein Foto abgebildet, das auf einem Chausseegraben posierende Soldaten des Freikorps Löwenfeld zeigt, im Graben liegen zwei tote Spartakisten.
„Wir haben lange überlegt, ob wir dieses in Voerde bei Wesel 1920 während der Kämpfe aufgenommene Foto auf der Tafel zeigen sollten.Wir haben uns dafür entschieden, allerdings sind die Gesichter der Toten unkenntlich gemacht. Die Situation offenbart die ganze Grausamkeit der Bürgerkriegskämpfe. Sie hätte sich auch in Erle so abspielen können,“ bemerkte Behler.
Vom Bürgerkrieg des Jahres 1920 zog er dann eine Parallele zu heute. Denn die Auswirkungen von Bürgerkriegen in Nahost, vor denen Hunderttausende in letzter Zeit nach Deutschland flüchteten, begegneten auch den Menschen in Erle in Person der Flüchtlinge im alten Pastorat. Während heute die IS-Kämpfer und die Taliban Angst und Schrecken verbreiteten und in ihrer verblendeten religiösen Ideologie ihre Gegner enthumanisierten und grausam umbrächten, seien es damals die rechtsradikalen Freikorps gewesen, die, durch den Krieg verroht, Gewalt und Grausamkeit gegenüber dem politischen Gegner als normal angesehen hätten. Die ländliche Bevölkerung habe damals in den Freikorpssoldaten allerdings die Guten gesehen, die sie von den Spartakisten befreiten. Denn diese waren verhasst, weil sie als kommunistische Umstürzler angesehen wurden und Lebensmittel von den Bauern requirierten. Aus heutiger Sicht hätte es jedoch keine Guten gegeben, denn grausame Gewalt gab es auf beiden Seiten. Zwei Weltkriege hätten die europäischen Staaten zur Vernunft gebracht und sie gelehrt, Konflikte nicht mehr mit Gewalt zu lösen.
Erklärungen:
Spartakisten: Benannt nach dem Spartakusbund, der sich als Abspaltung von der SPD im Ersten Weltkrieg bildete und aus dem Ende 1918 die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) hervorging. Der Spartakusbund hatte Januar einen Aufstand gegen die Weimarer Regierung unternommen. Spartakisten galten seitdem als Umstürzler und Revolutionäre.
Freikorpssoldaten: Freikorps waren Freiwilligenverbände, die 1919 gebildet worden waren zur Bekämpfung des Spartakusaufstandes in Berlin, weil nicht genügend reguläre Soldaten zur Verfügung standen. Sie bestanden zum großen Teil aus entwurzelten jungen Männern, die nach dem Weltkrieg nicht mehr ins Zivilleben zurückfanden und Soldaten bleiben wollten. Ihre Gesinnung war nationalistisch bis rechtsradikal.
Kapp-Lüttwitz-Putsch: Der Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung wurde von rechten Kräften um den General Lüttwitz und den rechtsgerichteten Politiker Kapp durchgeführt. Eine Freikorpsbrigade besetzte das Regierungsviertel in Berlin. Die Putschisten lehnten den Friedensvertrag von Versailles ab, den die Regierung akzeptiert hatte und der auch die Auflösung der Freikorps vorsah. Doch der Putsch brach nach nur 5 Tagen zusammen, weil die geflohene Regierung den Generalstreik ausgerufen hatte.
Dieser Artikel Mahnmal gegen Inhumanität und Gewalt an der Rhader Straße in Erle wurde erstmalig veröffentlicht auf Heimatreport.